Geführt im Sommer 2007

 

Hallo Saxe!

Wir wollen gerne mal wissen, wie eigentlich so ein Song entsteht. Alle können das fertige Werk hören, aber wie viel Arbeit da drin steckt, weiß eigentlich kaum einer.

 

 

Wie bekommst Du die Ideen zu einem neuen Lied?

 

In meinen Liedern erzähle ich das, was ich Tag für Tag erlebe. Ich schreibe über meine Gedanken und manchmal auch Gefühle.

Dabei ist die Inspiration zu einem Lied oftmals ganz unterschiedlich, das können Meldungen aus den Nachrichten, Tierschutzgeschichten oder Zeitungsberichte sein, genauso wie das, was mir jemand auf der Straße über sich und sein Leben erzählt. Manchmal schreibe ich auch autobiographische Texte oder nehme mich selbst ein bisschen auf den Arm. Sowas muss auch mal sein. Das einzige, wofür ich nicht zu haben bin, sind 0815-Liebeslieder, wie sie in den Charts und Schlagersendungen rauf und runter gespielt werden.

Ich schreibe gerne etwas provokative Stücke, um die Menschen zum Nachdenken anzuregen, zum einen über sich selbst und ihr Leben und zum anderen über das, was jeden Tag vor unserer Haustür passiert.

 

Die Ideen und Eindrücke, die ich gewinne, sammle ich  erstmal eine Zeit lang in meinem Kopf, bis sich dann die Überzeugung heraus kristallisiert, zu einem bestimmten Thema ein Stück schreiben zu wollen. Nur ganz selten habe ich so ganz spontan ein Textstück und dazu eine Melodie im Kopf, die ich dann mit meinem Diktiergerät aufnehme, um später daraus einen fertigen Song zu schreiben.

 

Wenn ich mir überlegt habe, ein Stück zu einem bestimmten Thema zu schreiben, behalte ich diesen Gedanken erstmal eine Zeit lang im Kopf und denke nicht weiter darüber nach. So lasse ich das einige Wochen oder auch Monate, bis irgendwann ein Moment kommt, in dem ich mich einfach hinsetze und den fertigen Text herunter schreibe. Meistens umfasst das dann auch den kompletten Text, nur selten muss ich später noch einzelne Strophen oder Textzeilen nachtragen. Für das Schreiben der Melodie hole ich mir dann irgendwann den fertigen Text vor und lasse einfach ein bisschen meine Gedanken spielen.... bis mir etwas Passendes einfällt. Das geht meistens allerdings nicht in einem kompletten Stück, sondern Teil für Teil. Ich schreibe die Melodie erst in Noten auf und setze ganz zum Schluss, die passenden Akkorde dazu.

 

Ich mache beides sehr gerne, das Texten und das Vertonen. Bei manchen Stücken ist der Text schwieriger, weil ich bestimmte Vorstellungen habe (z.B. etwas nicht offen sagen, sondern umschreiben oder eine bestimmte Stimmung rüberbringen, manchmal auch besondere Reim- oder Rhythmusschemata) und bei manchen die Melodie (z.B. wenn es ein Text zu einem schwierigen Thema ist, wie s*x. Gewalt oder Tierquälerei). Dabei spielen Kopf und Gefühl eine wichtige Rolle. Für ein gutes Stück muss beides dabei sein. Reine Kopf- oder reine Gefühlsstücke habe ich nicht.

 

 

Hast Du dann auch schon eine Vorstellung von speziellen Effekten, z.B zweistimmig eingespielte Stellen, besonders laute oder leise Passagen?

Oder entwickeln sich diese Dinge während der Arbeit an der Melodie erst?

 

Nein, das kommt eigentlich erst sehr viel später, nachdem der Song fertig ist.

Manchmal habe ich vorher im Kopf, dass ich z.B. bestimmte Passagen mit aufgelösten Akkorden spielen oder ein Vor- oder Zwischenspiel einbauen möchte, doch das füge ich erst ein, wenn Text und Melodie fertig sind.

 

Kommt es vor dass Du dir während der Entstehungsphase Anregungen holst, indem Du z.B. eine Freundin fragst. ."du, wie hört sich das an?"

 

Nein, ich stelle meine Stück erst vor, wenn sie fertig sind. Allerdings hole ich mir gerne mal Anregungen von Stücken anderer Menschen, z.B. aus dem Tierrechtsbereich oder von Oswald Henke und Mary. Das hat nichts mit Imitieren zu tun, sondern ist eher ein Denkanstoß, auf welche Art und Weise man eben auch Texten und Komponieren kann und welche Möglichkeiten es gibt, bestimmte Botschaften rüberzubringen.

 

Nun nehmen wir an, Text und Melodie stehen. Wie geht es weiter?

 

Wenn ich genug Stücke zusammen habe, dann leihe ich mir ein vernünftiges Aufnahmegerät und zwei Mikros und nehme meine Stücke auf. Das mache ich inzwischen alles alleine und in Eigenregie. Bei der allerersten CD habe ich mir von einem befreundeten Musiker zeigen lassen, wie man das Aufnahmegerät einstellt und die einzelnen Tonspuren hinterher auf den PC zu einer Wave-Datei verarbeitet. Und wenn ich mal technische Probleme hab, nerve ich den lieben Menschen, der mir das Aufnahmegerät leiht. (An dieser Stelle mal ein Dankeschön an Stephan.)

 

Ich arbeite mit keinem Tonstudio zusammen und habe auch keinen Plattenvertrag. Auch der komplette Verkauf läuft über mich. Das ist eine ganz bewusste Entscheidung.

Im Rahmen eines Plattenvertrages hat man immer bestimmte Bedingungen, die man erfüllen muss. Oftmals sind das vorgeschriebene Werbe-Auftritte oder man bekommt fertige Songs vorgesetzt. Ich möchte aber meinen eigenen Stil machen und auch meine Termine selbst bestimmen. Außerdem nehme ich mir auch die Freiheit zu sagen "Dort möchte ich nicht auftreten" oder "an diese Person verkaufe ich aus gutem Grund keine CD".

Außerdem sind Plattenfirmen natürlich darauf aus, mit ihren Künstlern zu verdienen. Da sind dann zwangsläufig Zeitungsberichte, Werbeauftritte, sowie Rundfunk- und Fernsehaufnahmen inbegriffen, und genau das ist der Bereich, den ich kenne und den ich jetzt für mich nicht mehr möchte.

 

Die Aufnahme einer CD dauert ungefähr ein Wochenende. Erst spiele ich die Stücke komplett ein und hinter transferiere ich sie auf den PC, um sie auf eine CD zu brennen. Ich spiele die Lieder so ein, wie sie hinterher auf der CD zu hören sind. Mit dem PC lege ich hinterher nur die einzelnen Spuren übereinander, also den Gesang über die Gitarre, wobei ich die Lautstärke für die einzelnen Spuren anpassen kann. Ansonsten wird daran nichts verändert, kein "Stimmverschönerer" oder ähnliche lustigen PC-Spielchen. Dafä�r habe ich keine technische Ausrüstung und außerdem möchte ich ja auch, dass die Leute auf der Straße die Stücke von den CDs wieder erkennen. Und im Gegensatz zu einigen gecasteten Medientalenten, habe ich ja richtig Unterricht gehabt. Warum also die Natur durch Technik-Schnickschnack verändern?

Wenn ich zwei-stimmige Stücke habe, nehme ich die einzelnen Stimmen natürlich nach einander auf und lege sie dann am PC übereinander. Anders geht das ja nicht.

Ich spiele ein Stück eigentlich nicht öfter als 2 mal ein, denn um die Feinheiten des Stückes auszutüfteln, habe ich ja in den Monaten vor der Aufnahme genug Zeit.

 

Wie vervielfältigst Du deine CD's?

 

Meine CDs produziere ich selbst, d.h. die CDs sind von mir gebrannt und das Cover am PC hergestellt. Aufgrund des geringen Preises sind daher die CDs selbst nicht bunt bedruckt. Ich bekam dazu schon die Anregung, dieses zu ändern und dafür dann die Preise anzuheben, aber damit kann ich mich noch nicht so richtig anfreunden. Mir ist es sehr wichtig, dass sich jeder, der möchte, meine Musik leisten kann. Was habe ich davon, wenn ich zwar gute Sachen mache, aber dafür dermaßen überteuerte Preise nehme, dass sie niemand mehr haben möchte? Da ich alles selbst und ohne Plattenfirma mache, bleiben auch die Kosten bei mir alleine hängen. Mein Ziel ist es nicht, mit der Musik richtig Geld zu machen (das geht mit Strassenmusik sowieso nicht), doch es ist wichtig, dass ich auf plus-minus Null am Ende komme, um meine Musik überhaupt finanzieren zu können. Der reiche Erbonkel ist mir nämlich leider bisher verborgen geblieben.... ;-)

Und dort liegt auch der Grund, dass ich zur Zeit relativ wenig Konzerte spiele, da mir das Geld für An- und Abfahrt sowie Unterkunft im Moment nicht zur Verfügung steht. Ich hoffe aber, dass sich das in absehbarer Zeit (nach Ende meines Studiums in hoffentlich ca. 2 Jahren) mal ändern wird und ich öfter Konzerte spielen kann. Auch würde ich gerne mal eine mehrwöchige Tour durch Luxembourg, Belgien, Holland und Deutschland machen (natürlich mit meiner Freundin Pia im Gepäck, ohne deren Unterstützung vieles nicht möglich wäre).

 

Um meine Stücke gegen das unerlaubte Vervielfältigen oder Covern zu schützen, kann ich leider nur sehr wenig tun. Es gäbe die Möglichkeit, in die Gema einzutreten (das ist eine Firma, die national die Rechte der ihnen angehörigen Musiker vertritt), doch den Beitrag kann ich mir nicht leisten. Außerdem hätte eine Mitgliedschaft dort zur Folge, dass meine Urheberrechte auf die Gema übergehen würden, und das möchte ich nicht. Meine Stücke gehören mir und dort bleiben sie auch. Natürlich gibt es den ein oder anderen kleinen Trick, um sich das Copyright an seinen eigenen Stücken zu sichern, doch eine Garantie ist das alles nicht, und es gibt leider sehr viele unehrliche Menschen auf dieser Welt.

Ein befreundeter Musiker sagte zu mir "Der beste Urheberrechtsschutz für Deine Stücke ist das Bekanntmachen", und da hat er Recht. Je mehr Menschen meine Stücke kennen und wissen, dass sie von mir sind, desto schwieriger ist es, diese Stücke unerkannt zu kopieren.

An dieser Stelle sieht man wieder sehr schön, wie ein Musiker nicht nur von, sondern vor allem auch mit seinem Publikum erst überleben kann.

 

 

Wie viele Cd's produzierst Du für den Anfang?

 

Ich produziere meine CDs auf Anfrage.

Normalerweise muss man für jede CD, die man veröffentlich, eine Gebühr bezahlen. Wir haben damals (als ich noch in der Band Janisax spielte) mit der Gema abgesprochen, dass wir für unsere Sachen keinen Beitrag zahlen müssen, die CDs dafür aber auch nicht über den Einzelhandel verkaufen dürfen, da wir nur eine sehr geringe Auflage haben. Das ist der Grund, warum es meine CDs nur bei mir zu kaufen gibt.

 

Allerdings geht das nur, weil auf meinen CDs ausschließlich eigene Stücke enthalten sind, keine Coversongs! Wer Coversongs einspielen möchte, muss dafür selbstverständlich Gebühren an die Gema bezahlen, welche dann anteilweise an den jeweiligen Schreiber der Stücke weitergegeben werden.

 

Fällt Dir noch etwas ein, was hier erwähnenswert wäre?

 

Ja, ich möchte mich gerne bei meinem Publikum bedanken.

 

Ohne Euch wäre das alles nicht möglich, und ohne Euch könnte ich meinen Traum von der Strassenmusik nicht leben.

Durch Eure Anwesenheit bei den Straßenkonzerten und durch Euer Feedback (mündlich oder schriftlich) gebt Ihr mir die Möglichkeit, meine Musik an die Menschen heranzutragen und aufgrund Eurer Anregungen immer weiter zu verbessern. Und durch das Kaufen meiner CDs und Merchandise-Artikel gebt Ihr mir die Möglichkeit, meine Musik zu finanzieren.

 

Für noch etwas möchte ich mich bei Euch bedanken: Für Eure Treue!

 

Auf noch viele weitere gemeinsame Jahre! Eure Saxe!***

 

 Das Interview wurde geführt von den Strassenkindern. 

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